Kieferschmerz bei MusikerInnen

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Anwendbarkeit des CMD-Screening Fragebogens bei professionellen Musikerinnen und Musikern

Doz. Suzanne Z’Graggen (HSLU-M), PD. Dr. Dr. Dominik Ettlin und Prof. Dr. Martin Schimmel (beide zmk bern)

Interview mit Professor Martin Schimmel über die aktuelle Online-Umfrage zu MAP/CMD Beschwerden bei Musikerinnen und Musikern.

Herr Schimmel, in Studien wurde nachgewiesen, dass mehr als die Hälfte der professionellen MusikerInnen sowie auch Musikstudierenden, an Schmerzen oder Fehlfunktionen des Kiefers, sogenannten MAP/CMD Beschwerden leiden. Was sind MAP/CMD Beschwerden genau?

Die Abkürzung MAP steht im zahnmedizinischen Kontext für Myoarthopathien des Kausystems, wobei 3 griechische Begriffe in einem verbunden sind: Myos (Muskel), Arthron (Gelenk) und Pathologie (Krankheit). Die Kurzbezeichnung MAP ist entsprechend ein Überbegriff für Schmerzen und/oder Funktionseinschränkungen im Bereich der Kiefermuskeln bzw. der Kiefergelenke. Die Abkürzung CMD ist synonym verwendbar (Craniomandibuläre Dysfunktionen) und ist eher in Deutschland und Österreich gebräuchlich.

Was ist der Sinn und Zweck der Umfrage, welche die zmk bern zusammen mit der Hochschule Luzern – Musik durchführt?

Doz. Z’Graggen hat beobachtet, dass bei Musizierenden und ihren Studierenden die Kaumuskeln beim Instrumentenspiel unbewusst aktiv sind, was sich als unnatürliche Haltungen bzw. Bewegungen des Unterkiefers zeigt. Unsere Literaturrecherche führte zum Schluss, dass MAP Symptome in diversen Ländern von Musizierenden gehäuft beschrieben werden (1). Entsprechend waren wir an der Relevanz der Thematik im Kreis von Musizierenden im deutschsprachigen Raum interessiert. Die Häufigkeitserfassung von berufsbezogenen Beschwerden dient der Entwicklung von Vorbeugemassnahmen. Diese Aspekte gehören auch zu den Forschungsthemen an der HSLU – M.

Das entsprechende Ziel unseres Projektes ist die Erfassung der Häufigkeit von Symptomen mittels einer Online-Umfrage. Dabei wird im ersten Schritt die Anwendbarkeit eines sehr kurzen Fragebogens (CMD-Schmerz-Screener) zu selbst-berichteten MAP-Symptomen bei professionellen Musizierenden getestet. Falls sich dieses Instrument im Pilotprojekt bewährt, können wir es später bei grösseren Stichproben einsetzen und die erhobenen Daten mit internationalen Studien vergleichen (2). Je nach gesammelten Erfahrungen kann das Instrument bedarfsabhängig vor dem breiteren Einsatz noch angepasst werden. Letztlich ist es auch ein spannendes interdisziplinäres bzw. interfakultäres Projekt, für das wir schon viele Teilnehmende gewinnen konnten.

MAP/CMD Beschwerden bei Musikerinnen

Geht man hier von Blasinstrument-Musizierenden aus oder welche MusikerInnen betrifft es hauptsächlich?

Wir versenden die Online-Umfrage ohne spezifische Einschränkung an Musikstudierende und professionelle Musizierende. Die Analyse der Daten wird zeigen, ob eine Instrumentenart/Ausrichtung des Hauptfachs besonders hervorsticht. Daher gehen die Umfragen entsprechend auch an Sängerinnen und Sänger, an Dirigierende, an Tasteninstrumentalistinnen und -Instrumentalisten, an Streicherinnen und Streicher, an Holzbläserinnen und -Bläser, sowie an Personen, die sich mit Musik und Bewegung (Rhythmik) beschäftigen.

Es ist zu vermuten, dass Musizierende, deren Kiefer bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit zur Verwendung kommt, vermehrt über MAP-Symptome berichten werden. Zusätzlich sind die Daten von Berufsgattungen wie jene der Violinistinnen und Violinisten, Bratschistinnen und Bratschisten von Interesse, da sie ihr Instrument häufig mit dem Kiefer gegen die Schulterpartie stabilisieren, was mit einer unphysiologischen Haltung verbunden ist. Da der Tonus der Kaumuskulatur unbewusst auch durch emotionale Hirnzentren reguliert wird, kommen die hohe Konzentration beim Üben bzw. die emotionale Anspannung bei konzertanten Auftritten als weitere stress-assoziierte Faktoren für MAP-Beschwerden in Frage. Zum Vergleich können daher Personen, bei denen der Kiefer beim Musizieren nicht direkt eingesetzt wird, als Kontrollgruppe dienen.

Gibt es Massnahmen die MAP/CMD Beschwerden der MusikerInnen verhindern/vermindern können?

Im Bereich der Prävention haben wir noch keine Erfahrungen gesammelt, damit möchten wir uns in Folgeprojekten aufgrund der Umfrageergebnisse beschäftigen.

Wo, wie und mit welchen Symptomen kann man an der Umfrage/Studie teilnehmen?

Wir laden alle Musikstudierende und professionelle Musizierende im deutschsprachigen Raum zum Ausfüllen des Kurzfragebogens ein. Zur Einschätzung der Prävalenz nehmen idealerweis eine maximale Anzahl Musizierende teil, egal ob MAP-Symptome präsent sind oder nicht. Via QR-Code gelangt man direkt auf die Umfrage-Webseite. Die Daten werden vollkommen anonymisiert erhoben.

Umfrage zu MAP/CMD Beschwerden : Link zur Online-Umfrage

1.         Ettlin D. Kieferbeschwerden bei Musizierenden. Schweizer Musik Zeitung. 2019;07:57.

2.         Boscato N, Nascimento GG, Leite FRM, Horta BL, Svensson P, Demarco FF. Role of occlusal factors on probable bruxism and orofacial pain: Data from the 1982 Pelotas birth cohort study. J Dent. 2021;113:103788.

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