Gravierende Hygienemängel – Aargauer Zahnarzt kein Einzelfall

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Eine Zahnarzpraxis in Birr im Kanton Aargau musste den Betrieb einstellen, weil für Patientinnen und Patienten eine erhöhte Infektionsgefahr bestand. Eine Testung auf Hepatitis B und C sowie HIV für die betroffenen Patientinnen und Patienten wurde dringend empfohlen.

„Das ist kein Einzelfall.“ sagt Dany Badstuber, Geschäftleitung des Sterilisations-Spezialisten Dabamed. „1 von 10 kontrollierten Zahnarztpraxen weist bei der Inspektion Hygiene Mängel auf und muss vorübergehend gesperrt werden. Bis das Problem behoben ist, muss die Praxis die Sterilisationen auswärts ausführen, zum Beispiel in einem Spital.“

Rostige Instrumente

In der Zahnartzpraxis im Aargau waren die Missstände so gross, dass eine erhöhte Infektionsgefahr bestand. Die Praxis wurde für immer geschlossen. Auch dies ist kein Einzelfall weiss Badstuber: „Pro Jahr werden mindestens 2 Zahnarztpraxen in der Schweiz wegen gravierender Hygienemängel geschlossen. Im aktuellen Fall von Birr wurde der Sterilisator in der Praxis nicht richtig bedient. Es wurden rostige Instrumente benutzt.“

Sterilisation kostet Geld und Zeit

Wie kann so etwas passieren?

„Meistens liegt es an der Zeit oder am Geld. Die Instrumentenaufbereitung ist immer mit viel Schreibaufwand, dem Führen von Listen und Protokollen verbunden. Auch müssen die Geräte regelmässig gewartet werden, das kostet eine Stange Geld. Wird hier gespart, trifft es die Patienten. Zur Anschauung, Keime in der Zahnartzpraxis sind wie Schimmelpilz im Restaurant.“

Regelmässige Inspektionen vom Kantonszahnarzt


Dr. med. dent. Alfred Wiesbauer ist Kantonszahnarzt im Kanton Aargau und erklärt auf Anfrage wie oft Inspektionen durchgeführt werden:

„Inspektionen werden unregelmässig durchgeführt. Einerseits gezielt nach Hinweisen auf Verstössen gegen Verordnungen oder Gesetze, andererseits werden Praxen routinemässig und zufallsgesteuert kontrolliert. Während der Coronapandemie war die Inspektionstätigkeit stark reduziert, jetzt wird sie wieder hochgefahren. Das Ziel ist primär eine Diskussion mit den Betreibern und eine Querschnittsübersicht über den Zustand der Praxen. Zugleich kann der Kantonszahnarzt auch direkt die Sorgen und Probleme der Zahnärzte erfahren und im Gespräch Lösungen anbieten. Eine weitere Schliessung wegen Hygienemängeln kenne ich aus dem Kt. Aargau bisher nicht.“

Dass in Zahnarztpraxen regelmässig Inspektionen stattfinden bestätigt Dentalhygienikerin Mafalda Philipp aus dem Praxisalltag:

„Alle Zahnarztpraxen haben das gleiche Sterilisationskonzept, welches auch Dentalassistentinnen und DentalhygienikerInnen einhalten. Die Sterilisationen macht in der Regel diejenige Person, die gerade Zeit hat, oder dafür eingeteilt wurde. Die InspektorInnen kommen auch mal unangemeldet.“

Sterilisation

Wie Instrumente die von einer DH, Dentalassistentin oder einer zahnmedizinischen Fachperson benutzt werden, korrekt gelagert und sterilisiert werden erklärt Kantonszahnarzt Alfred Wiesbauer

„Nach dem Gebrauch zuerst Einlegen in ein Desinfektionsbad, danach allenfalls Ultraschallreinigung. Heute folgt immer eine Reinigung im Thermodesinfektor. Danach werden die Instrumente verpackt, entweder foliiert oder in Trays eingelegt. Nach der Etikettierung werden sie sterilisiert. Die Lagerung hat nach dem First in-first out-Prinzip zu erfolgen. Es muss kontrollierbar sein, dass das Ablaufdatum der Sterilisation nicht überschritten wird – üblicherweise 3 Monate. Eine Offenlagerung ist nur in ganz kleinem, überblickbaren und nicht hygienekritischen Rahmen zulässig.“

Verfügung

Wie wurde der Fall von der Zahnarztpraxis in Birr publik? Sterilisations-Experte Badstuber hat dafür folgende Erklärungen: „Die Missstände müssen so gravierend gewesen sein, dass vermutlich eine Patientin, ein Patient den Fall den Behörden gemeldet hat.“

Was kann denn die Patientenschaft tun, um beim Zahnarzt- oder DH-Besuch ein gutes Gefühl zu haben? Gibt es eine Art Gütesiegel? Nein, sagt der Aargauer Kantonzahnarzt Alfred Wiesbauer: „Eine gute Hygiene ist die Regel! Bisher ist niemand auf die Idee gekommen, Hygieneinspektionsresultate auf die Eingangstüre zu kleben wie bei Restaurants. Das ist auch unnötig, denn jeder Mediziner lernt in der Grundausbildung, hygienisch sauber zu arbeiten.“

Diana Perez hat tagtäglich mit Hygiene zu tun. Sie ist Leiterin AEMP Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte am Universitären Zentrum für Zahnmedizin UZB Basel und meint:

„Wir haben am UZB die allerhöchsten Anforderungen an die Hygiene. Alles was mit dem Speichel in Berührung kommt wird maschinell gereinigt, verpackt und bei 134Grad im Prionenprogramm sterilisiert. Die sterilen Medizinprodukte werden direkt vor den Patienten aufgemacht.“

Dies ist übrigens ein guter Input für Patientinnen sowie auch für BehandlerInnen. Wenn das Sterilisationsgut direkt vor der Anwendung und der Patientenschaft aufgemacht wird, herrscht Klarheit.

Kontakt Departement Gesundheit und Soziales Kanton Aargau

Kontakt Dabamed

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