«Der intraorale Scan hat für mich die Welt verändert.» Professor Tim Joda
Am Freitag fand zum vierten Mal das Zürich Symposium, Treffpunkt für Zahnmedizin und Zahntechnik, statt.
«Digitale Zahnmedizin ist für mich mehr als Oralscan machen und E-Mail schreiben», begrüsste Mitorganisator Dr. med. dent. Marc Balmer das Publikum und fuhr fort: «Das heutige Zürich Symposium dreht sich um die digitale Zahnmedizin. Wir sprechen nicht nur über die Zukunft, sondern auch über die Vergangenheit. Eines der Highlights heute ist der Vortrag von Professor Dr. Dr. Werner Mörmann.»
Mörmann war vor über 40 Jahren Miterfinder von Cerec. Er sagt: «Ohne den Optimus und die Hilfe von meinem Kollegen Marco Brandestini, der leider unterdessen verstorben ist, wäre das nie Wirklichkeit geworden».
Professor Mörmann nimmt uns mit auf eine Zeitreise. Erzählt von den Anfängen, wie er im Prinzip nur ein Problem lösen wollte, nämlich wie man Zahnhartsubstanz statt mit Amalgam mit einem ästhetischen und gesundheitlich unbedenklichen Material ersetzen kann und so 1980 Cerec (Ceramic Reconstruction System) erfand: «Das digitale Herzstück war die digitale intraorale 3D-Kamera.» Mörmann zeigt Bilder aus dem Jahr 1986, die ersten digital hergestellten Veneers. 1997 wurde das Curriculum Digitale Zahnmedizin am RZM eingeführt. Als 2003 die ersten polychromatischen Keramikblöcke auf den Markt kamen, öffneten sich Türen in der Ästhetik.
Mitorganisator Dr. med. dent. Marc Balmer zum Start des Zürich Symposiums 2023
Guided Endodontics
Das Zürich Symposium war nicht nur eine Zeitreise in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft. In diese führte PD Dr. med. dent. Thomas Connert vom UZB Universitärem Zentrum Basel. Connert hat in seinem ganzen Leben noch nie ein Implatat gesetzt, er ist der Endo-Spezialist und meint zu Beginn seines Vortrages schmunzelnd: «Roboter haben wir auch in Basel». In der dynamischen Navigation von Guided Endodontics sieht er viel Potenzial:
«Guided Endodontics ist eine Technik, die gerade auch für weniger erfahrene Behandlerinnen und Behandler nützlich sein kann, da sie einen geführten Ansatz zur Erschliessung von obliterierten Wurzelkanälen bietet. Die herkömmliche Wurzelkanalsuche bei behandlungsbedürftigen obliterierten Zähnen ist zeitaufwendig und birgt die Risiken eines erheblichen Zahnhartsubstanzverlustes oder einer Perforation.»
Dr. med. dent. Thomas Connert über sein Vortragsthema Guided Endodontics
Bei der Guided Endodontics wird die bestmögliche minimalinvasive Zugangskavität anhand von dreidimensionalen Röntgenbildern und digitalen Abformungen der betroffenen Kieferregion mit einer speziellen Software geplant. „Die virtuelle Planung wird mittels einer Schablone auf den zu behandelnden Zahn übertragen. Die schablonengeführte Technik erleichtert die Behandlung.»
Augmented Reality
Und was bringt die Zukunft in der Endo, wollen wir von Thomas Connert wissen:
„Ich denke, dass mit Augmented Reality (AR) noch viel möglich sein wird. Eine Verbindung zwischen virtueller und realer Welt. Indem man eine Brille aufsetzt und dort die Achsen sieht, die nach der Planung eingezeichnet wurden. So dass man dann ohne irgendwelche Marker, ohne irgendwelche Schablonen arbeiten kann. Ich glaube, das ist nicht mehr weit weg.»
Sehr spannend fanden wir auch den Vortrag von Prof. Tim Joda. Joda ist wissenschaftlicher Leiter der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin in Zürich mit dem Schwerpunkt Dental eHealth. «Wir sprechen hier über Digitalisierung, Daten, künstliche Intelligenz und wie wir die Zahnmedizin in Zukunft besser machen können. Besser im Sinne von Standardisierung, damit wir die Zahnmedizin auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten ausrichten können. Wir können auf individuelle Risikoprofile eingehen und gesundheitsökonomische Faktoren einbeziehen. Das ist ein neuer Ansatz.»
Schlaue smart glasses
Die Aussicht auf smart glasses, die Joda in seinem Vortrag erwähnte, fanden wir, um es optisch auszudrücken, einen Lichtblick. Man stelle sich vor, man trägt smart glasses und jemand sieht, was man selbst gerade sieht: «Genau darum geht es. Wir tragen eine Schutzbrille und können diese so nutzen, dass wir eine Displayfunktion haben, mit der wir Informationen einblenden können, wie zum Beispiel ein Röntgenbild. Wenn wir alleine am Patienten sind, können wir per Sprachsteuerung Computersprachen wie Siri oder Alexa beauftragen, Prozesse für uns auszuführen.»
Mit der Kamerafunktion kann man durch die Augen eines anderen Behandlers sehen – das heisst, ein Behandler kann von aussen per Sprachsteuerung anrufen und fragen, ob sich das jemand ansehen kann? Die Idee stammt aus der Automobilindustrie, wo man über den Emergency-Knopf jederzeit mit jemandem in Kontakt treten kann. Das eröffnet sehr innovative Aspekte, vor allem in der Lehre. «Da kommen noch viele spannende Dinge auf uns zu», sagt Joda und meint rückblickend: «Der Intraoralscan hat für mich die Welt verändert».
Professor Tim Joda über die Zukunft in der Zahnmedizin
AI Artificial Intelligence
Was wird sich noch ändern? Wir fragen Dr. med. dent. Marc Balmer: «Es wird noch viel kommen und es wird sich noch viel verändern. Wir haben im Referat von Tim Joda gehört, was mit AI, also Artificial Intelligence, möglich sein wird, also dass Computerprogramme selbst die Planung übernehmen, Augmented Reality, Robotik, alles ist möglich, da wird in der Zahnmedizin noch viel passieren».
Sicher ist, dass künstliche Intelligenz immer mehr Einzug halten wird. Man weiss nie, was die Zukunft bringt. Und bei allem Neuen funktioniert nicht alles auf Anhieb oder, um mit der Antwort von Professor Mörmann auf die Frage aus dem Publikum zu schliessen, wie oft er während des Entwicklungsprozesses von Cerec frustriert gewesen sei:
«Ich habe von Anfang an daran geglaubt. Das braucht man. Sonst kommt man über den täglichen Frust nicht hinweg. Man muss daran glauben und darf nie aufgeben».

Hier geht’s zur Fotogalerie Zürich Symposium
Fortbildung ZZM Universität Zürich