Schlechte Mundgesundheit

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Der erste Global Oral Health Status Report der WHO war Thema am Vortrag von Professorin Frauke Müller an der heutigen SSGI Jahrestagung. Fast 50% der Weltbevölkerung leidet an einer schlechten Mundgesundheit. Wie steht die Schweiz im Ländervergleich da?

Erkrankungen des Mundraums gehören zu den weltweit am weitesten verbreiteten Krankheiten. Fast 3,5 Milliarden Menschen leiden unter Karies, schwerer Zahnfleischentzündung, Zahnausfall und Mundhöhlenkrebs. Die WHO spricht von einer alarmierenden Situation und ruft zu dringenden Handlungen auf. Frau Professorin Müller, wie steht denn die Schweiz im weltweiten Ländervergleich punkto Mundgesundheit da?

„Das ist schwer einzuordnen, wie sie auf der Karte gesehen haben, gehören wir zu den schlechteren Ländern. Aber ich frage mich auf welchen Daten diese Aussage beruht? Denn bisher gibt es noch keine Schweizer Mundgesundheits-Studie. Auf nationaler Ebene ist jetzt erst damit begonnen worden mit einen Lehrstuhl für Urbane Epidemiologie an der Universität Bern. Also werden wir erst jetzt schweizweit wissen, wie der Mund-Gesundheitszustand der Bevölkerung überhaupt ist.“

Welche Faktoren bestimmen denn die Mundgesundheit?

„Im Wesentlichen sind dies die Verbreitung von Zahnverlust, Karies und die Parodontalen Erkrankungen. Aber auch der orale Krebs muss berücksichtigt werden. Oder orale Traumata. Wir wissen, dass jedes fünfte Kind unter 12 Jahren bereits ein Trauma für die Zähne erlitten hat. Auch das sind Faktoren, die die Mundgesundheit mitbestimmen.“

Die Schweiz ist ein Wohlstandsland und die Schweizer Universitätszahnkliniken schneiden in den internationalen Rankings sehr gut ab. Wir haben ja aber auch Menschen in der Schweiz, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, wie zb aus der Ukraine, wo die Mundgesundheit noch nicht so gefördert wird, wie hierzulande. Wiederspiegelt sich das in den Zahlen?

„Ja zwischen Migrationshintergrund und Oraler Gesundheit sieht man klar einen Zusammenhang. Es ist einer der grössten Prädiktoren für eine Prävalenz von Karies und für eine unzureichende Mundhygiene. In Genf können wir praktisch an der Postleitzahl des Wohnortes eines Kindes vorhersagen, wie seine Gesundheit ist. Wenn es also in einer Region aufwächst, wo der Migrationsanteil sehr hoch ist, sehen wir sehr häufig Karies.“

Laut dem Global Oral Health Status Report leidet fast die Hälfte der Weltbevölkerung an Erkrankungen im Mundraum. Was kann man dagegen tun?

„Viele Risikofaktoren die für die Mundgesundheit entstehen sind modifizierbar, das heißt wir können unser Verhalten ändern, wir können entsprechend auf Rauchen und auf Alkohol verzichten, uns gesund ernähren und eine gute Mundhygiene haben. Das ist sicherlich schon hilfreich. Aber es ist dennoch keine 100% Garantie für orale Gesundheit. Denn es gibt auch Faktoren, die wir bisher noch nicht kontrollieren können.“

Was sind das für Faktoren?

„Das sind zum Beispiel genetische Faktoren oder Prädispositionen, wie der Bildungsstand, oder auch sozioökonomische Faktoren. Ich habe es ja auch schon angesprochen, dass die Industrie auch das Einhalten der guten Vorsätze nicht immer leicht macht, also Zucker ist sehr oft in Nahrungsmitteln versteckt.“

Die Industrie hat Vorgaben den Zuckergehalt in Nahrungsmitteln und Süssgetränken zu reduzieren und hat dies bereits auch schon getan. Aber da wünschen, respektive verlangen Sie noch mehr, richtig?

„Ja, da ginge noch mehr! Und ich muss ganz ehrlich zugeben, wir sind eine Zahnklinik und bei uns im Sozialraum steht eine Maschine, die verkauft Coca Cola und Schokolade. Wir haben uns sehr dagegen gewehrt, aber es war ein globaler Vertrag für die Universität und leider ist diese Maschine heute, 7 Jahre nach dem Umzug in die neue Klinik, immer noch da.“

Vielen Dank fürs Interview Frau Professorin Müller und weiterhin einen guten SSGS Kongress.

Professorin Frauke Müller ist Leiterin der Division für Gerodontologie und abnehmbare Prothetik der Universität Genf

Mundgesundheit

Global Oral Health Status Report

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