„Eine Fehlbelastung im Kiefergelenk kann Auswirkungen auf den ganzen Körper haben.“
Dies steht im Ratgeber „Klebe und rolle den Kieferschmerz weg“ von PD Dr. Dr.med. Astrid Kruse Guyer. Wir haben sie zum Interview getroffen.
Frau Kruse Guyer, beginnen wir mit der Ursache. Wie entsteht Kieferschmerz?
Oft durch Stress. Wir haben den Anspruch immer erreichbar zu sein, setzen uns durch Social Media unter Druck, haben vielleicht persönlichen Stress in der Familie, oder im Beruf und das summiert sich und verursacht Spannungen im Kiefer. Es kommt zum sprichwörtlichen „auf die Zähne beissen“. Dadurch entstehen Schmerzen in der Kau- und Nackenmuskulatur, Mehr Schmerzen führen wiederum zu mehr Stress.
Ein Teuefelskreis.Wie unterbricht man diesen?
Genau. Da sollte man ansetzen. Die Ursachen müssen zuerst untersucht und möglichst beseitigt werden.
Beschwerden im Kiefergelenk können ein Hinweis auf ein nächtliches Knirschen sein. Bruxer können einen Druck von 80 bis 100 Kilogramm pro Quadratzentimeter auf die Zähne ausüben. Wie kann man diesen Druck abbauen?
Ich sage den PatientInnen jeweils, schliessen sie die Augen und machen sie mit der Hand eine Faust. Dann ganz fest zudrücken, den ganzen Schmerz in die Faust legen und dies auch wirklich spüren und festhalten. Dann die Faust langsam lösen wie eine blühende Knospe, Das geht dann ganz langsam und man wird ruhiger und entspannter. Das kann man auch gut anwenden bei Prüfungsangst oder vor einem Vortrag.

Wie merkt man denn selbst das man gestresst ist oder in der Nacht geknirscht hat?
Wenn man morgens mit Kopfschmerzen aufwacht und Schmerzen im Mund hat. Wenn man den Mund öffnet und eine weiße Linie auf der Wange sieht ist das ist ein typisches Zeichen, dass man lange auf die Wange gebissen hat. Die Zunge sollte locker sein und nicht fest an die Zähne kleben
Es gibt neben dem nächtlichen Knirschen auch das Aufeinander-Pressen der Zähne, welches viele Menschen unbewusst tagsüber machen. Wie lautet da Ihr Rat?
Da kann man sich 3 Punkte an Orte aufkleben wo man häufig ist, zum Beispiel in der Küche, am Computer, oder im Auto neben dem Lenkrad. Diese Punkte erinnern daran, dass man die Zähne nicht zusammenpressen soll. Wenn man diese Punkte im Wachzustand sieht, sollte man darauf achten, dass sich der Unterkiefer in einer gelockerten Position befindet.
Nützt Kaugummi-Kauen etwas um den Kiefer zu entspannen?
Nein im Gegenteil. Darauf sollte bei Kieferschmerz verzichtet werden. Kaugummikauen kann zu einer deutlichen Überbelastung der Kaumuskulatur und zu Verspannungen führen
Vorhin in Ihrem Vortrag haben Sie erwähnt dass ein Drittel der Bevölkerung, vorwiegend Frauen, ein gelegentliches Knacken im Kiefer spürt. Dies sollte man nur behandeln, wenn es Probleme bereitet. Sie erwähnten auch andere PatientInnen die solche Schmerzen haben, dass sich die Gesichtsform verändert und mit der Zeit eine Dreiecksform annimmt. Und diejenigen die so stark knirschen, dass die Schiene zerbissen wird. Hier plädieren sie dafür Alternativen zur Schienentherapie in Betracht zu ziehen.

Genau Wir versuchen wenn irgendwie möglich, Verbesserungen und Heilungserfolge mittels konservativer Behandlungsstrategien zu erzielen. Ansatzpunkte sind hiier: Wärmebehandlungen, Massagen, Physiotherapie, Hypnose, Resilienz-Training, Atemübungen, Crawl-Schwimmen, für eine gute Schlafhygiene hat sich Magnesium auf Citratsalzbasis und die Einnahme eines Kollagen Pulvers am Abend bewährt. Nützlich sind auch Meditations-Apps. Schon 10 Minuten täglich bringen einen Fortschritt, idealerweise werden diese in die Tagesroutine integriert Medikamente die Bruxisumus fördern, zb Antidepressiva, Narkotika oder Antihistaminika, sollten möglichst vermieden werden. Zusammenfassend kann man sagen, das effektivste Mittel bei Schmerzen im Kiefer ist so simpel wie auch schwierig in der Umsetzung. Nämlich Stress reduzieren!
Kontakt: PD Dr. Dr. med. Astrid Kruse Guyer
